Spinoza.
Die Ethik - Pantheismus
1. Einleitende Anmerkungen zur
Struktur der Reflektion
Der Gegenstand der Untersuchung sind die für
die Thematisierung bearbeiteten Schriften Baruch de Spinozas "Die Ethik"
und die "Kurze Abhandlung von Gott, dem Menschen und dessen Glück", aus
denen heraus die von Spinoza postulierte Form von Deismus dargestellt
und erötert werden soll.
Grundlage der Untersuchung ist also die auf
Wissenschaftlichkeit ausgerichtete spinozistische Ethik, die den Versuch
unternimmt, eine zweifelsfreie Erkenntnis der Dinge ihrem Wesen nach zu
erlangen und die menschlich-rationale Erkenntnis der Dinge auf das Feld
der Theologie auszuweiten.
Um die Frage nach einem "Pantheismus" bei
Spinoza stellen und gegebenenfalls beantworten zu können, sind zuvor
einige Parameter der Ethik zu erläutern. Zu diesen gehört einerseits
eine Definition Gottes als Substanz, die notwendig, unendlich und als
erster Ursprung gedacht wird. Andererseits ist die parallelistisch
angelegte Vorstellung vom körperlich negativ angelegten Dinghaften und
der ideell positiv angelegten Geistigkeit darzustellen. In diesem
Zusammenhang scheint zur Verdeutlichung ein notwendig kurzer Hinweis auf
Leibniz und Descartes geeignet.
Darüberhinaus soll der Versuch unternommen
werden, Spinozas Pantheismus vom A-Theismus abzugrenzen und auf die
Struktur der Auflösung eines Monotheismus hinzuweisen.
Obgleich es diese Schritte vom Allgemeinen
zum Konkreten auf die Fragestellung bezogen schon andeuten, beende ich
diese einführenden Anmerkungen mit dem an dieser Stelle schon
ausdrücklich zu nennenden Ziel, den in der Ethik Spinozas angelegten
Pantheismus nachzuweisen.
2. Darstellung der Anlegung einer
pantheistischen Theorie in Spinozas Ethik
2.1 Definition Gottes
Das Verständnis der Definition Gottes ist bei
Spinoza davon bestimmt, eine Realdefinition zu liefern. Als solche habe
die Definition das Wesen eines Dinges nach seinem Wesen (in essentia)
und nicht als Festlegung eines neu einzuführenden Begriffs zu begründen.
Notwendig ist es also, eine Ursache für alles, was in der Welt an sich
ist, auf rationalem Wege zu finden.
Spinoza führt in seine Ethik die Bestimmung
Gottes als eine Reflexion über die vollkommenste Idee ein, die Wirkung
und Ursache zugleich ist, welche die Idee vom vollkommensten Wesen sein
muß und dies sei Gott.
Diese axiomatische Festlegung der
Notwendigkeit von Erkenntnis über das System, in dem ein Sachverhalt
steht, aus seiner Ursache, dem unverursachten Ersten, leitet ab, daß in
der Wirkung allein kein Gehalt von Erkenntnis ohne die Erkenntnis über
die Ursache steckt. Allerdings zeigt sich in aller Wirkung auch ein
paralleler Bezug zur Ursache. Denn die Substanz steht in enger
Verquickung zu den Attributen, welche die erkennbaren Ausprägungen der
Substanz sein, zu sehen als grundverschieden nebeneinander existierende
Attribute derselben Substanz, denn "in der Natur der Dinge kann es nicht
zwei oder mehrere Substanzen von gleicher Beschaffenheit oder von
gleichem Attribut geben".
Gott allein kommt per Definition zu, ohne
Ursache außerhalb sich selbst zu sein. Spinoza weist der Substanz daher
den Begriff "causa sui", Grund für sich, zu. Als Begriff bildet Gott ein
wirkliches Ding, das nicht durch eine Ursache bestimmt wäre oder einer
Gattung anderer Größe untergeordnet ist.
Die Ausdehnung von Gott wird als unendlich
dargestellt, so daß aus dieser Vorraussetzung die Möglichkeiten von Ruhe
und Bewegung der einzelnen von Gott abhängigen Körper im unendlichen
Raum der Substanz gegeben sind.
2.2 Verhältnis von Gott und
Mensch
Als Anfangspunkt von Spinozas Ethik ist in
Folge der Definition Gottes eine Abhandlung von Gott auszumachen, die im
Gegensatz zu anderen philosophischen Positionen seiner Zeit eine
Grundlegung einer Moralphilosophie bei Gott beginnen läßt. Der Mensch
steht zu Gott in einem bestimmten Verhältnis, das aus der Definition
Gottes bei Spinoza deduktiv entwickelt wird.
Das onthologische Gottesargument weist die
Notwendigkeit Gottes auf und wird bei Spinoza auf die gesamte
Wirklichkeit ausgedehnt, da alles bei Gott gegründet ist. Aus der
Feststellung, daß Gott selbst die Notwendigkeit ist, entwickelt sich,
daß alles Notwendiges ist. Gesetzmäßigkeit und Natur sind in Gott
bedingt und stellen den selbstgewählten göttlichen Handlungsrahmen dar,
denn Spinoza stellt fest, "Gott handelt nur nach den Gesetzen seiner
Natur und von niemandem gezwungen", was die Substanz in der Position als
causa sui zudem nochmals bestärkt.
Dieser Handlungsrahmen ist ein logisches
Regelwerk, in dem Gott handelt. Dieser ist daher die einzige Regelfolge,
die Menschen mit Erkenntnis erfassen können. Die höchste Vollkommenheit
Gottes liegt in seiner Notwendigkeit, weshalb Gott im menschlichen
Erkenntnisrahmen nur rational-logisch erklärt werden kann, obgleich Gott
als Substanz eine darüber hinausgehende Freiheit besitzt. Wegen dieser
Freiheit ist eine andere Welt neben der für den Menschen erkennbaren
existierenden Welt zwar nicht auszuschließen, aber ist diese nicht mit
logischer Geltung zu formulieren. Auch eine Begründung für die Auswahl
der existierenden Welt aus der Vielzahl der logisch möglichen Welten ist
in ihrem Kern nur normativ zu verstehen, da in der erkennbaren
existierenden Welt kein besonderer moralischer Wert festzumachen ist.
Die Bestimmung von Gut oder Böse folgt dem Schema von Vollkommenheit und
Unvollkommeheit, über welches Spinoza urteilt: "In den Dingen ist weder
Vollkommenheit noch Unvollkommenheit; sondern das in ihnen, weswegen sie
vollkommen oder unvollkommen sind und gut oder schlecht heißen, hängt
vom Willen Gottes alleine ab. Hätte daher Gott gewollt, so hätte er
machen können, daß das, was jetzt Vollkommenheit ist, die höchste
Unvollkommenheit wäre, und umgekehrt". Ebenso sind für den Menschen nur
zwei der unendlichen Anzahl von Attributen Gottes erkennbar, also eine
Auswahl, die normativ, jedoch nicht von einer moralischen Konzeption
bestimmt ist. Diese beiden Attribute sind bestimmt als Ding einerseits
und als Wesen andererseits.
2.3 Bestimmung von Ding, Wesen und
Idee
Die Substanz, also Gott, ist logisch Träger
der Attribute. Als Affirmationen beschreiben sie einen Teil des
Vorstellbaren als Wirkliches und Dinghaftes. Da die Substanz als
absolute infinitum, unendliches Seiendes, charakterisiert wird, kommen
ihr infinitis attributis, unendlich viele Attribute, zu. Wie zuvor
dargestellt, kommen der Substanz unendlich vielen Attribute zu, zu zwei
davon hat der Mensch mit Erkenntnis Zugang. Um jedoch einer Beantwortung
der Fragestellung nach einem pantheistischen Wirklichkeits-Abbild bei
Spinoza näher zu kommen, ist es nun angebracht, die beiden Attribute
näher zu erläutern und auf ihren inter-attributiven Zusammenhang hin zu
untersuchen.
Ding und Wesen bedingen sich in der daraus
folgenden Ausprägung als ausgedehnter und wahrnehmbarer Körper. Somit
ist der Körper, Descartes´ Terminologie folgend, Modus des res extensa.
Als parallele Form zum Körper ist die Idee als Modus des res cogitans
anzusehen.Von der Überlegung ausgehend, daß Gott dem Menschen zwei
Attribute zur Erkenntnis frei läßt, nämlich als eines Denken und
Vernunft und als anderes die Körperlichkeit, so ist vom Menschen mit
Erkenntnis feststellbar, daß diese sich in den Modi in der Welt
manifestieren, also in allem, dem Dinghaftigkeit und Wesen zukommt, res
extensa und res cogitans vorzufinden sind.
Der Geist aber findet keine kausale
Begründung im Körper. Gedanken als Ausdruck von Geistigem sind eine
Phänomenklasse großen Umfangs, in die auch Gefühle und seelische
Befindsamkeit gehören, und per Definition auch außerhalb des die
Vernunft gebrauchenden Menschen vorhanden sind. Erweitert wird diese
Vorstellung zunächst um einen Schritt, der das Geistige als autarke
Existenz neben dem Körper erkennt. Ein weiterer Schritt ist schließlich,
daß Geistiges und Körperliches nicht in einer interaktionistischen
Abhängigkeit zueinander stehen können, so daß eine Phänomenklasse nicht
etwa Neues aus der anderen Phänomenklasse hervorbringen kann. Geistiges
und Körperliches sind also dualistische Phänomene Desselben, konkret
desselben Gedankens. Und diesen geistig hervorgebrachten Gedanken weist
Spinoza dem Wesen Gottes zu, zu dem im folgenden Lehrsatz eben auch die
Ausdehnung, als Attribut Gottes, gezählt wird.
2.4 Verweise auf zeitgenössische
Philosophen
Die bedenkende Erarbeitung der
spinozistischen Ethik im Hinblick auf die Differenzierung zwischen
Dinghaftem und Geistigem hat Verweise auf zeitgenössische Philosophen,
namentlich Descartes und Leibniz, zur Folge. Eine kurze Darstellung der
Adaptierungen von Thesen Descartes und Leibniz und der
Auseinandersetzung Spinozas mit diesen scheint mir als vergleichende
Methode geeignet, einen weiteren Schritt zu dem Ziel der Ausleuchtung
des vorliegenden Pantheismus zu unternehmen.
Descartes hat durch seinen auf der Suche nach
Gewißheit der Erkenntnis entstandenen Zweifel an der realen Existenz der
Dinge die Unterscheidung von Idee und physischer Existenz
weiterentwickelt. Der konditionelle Schluß "Cogito, ergo sum" (Wenn ich
denke, so bin ich) führte ihn zur terminologischen Unterscheidung von
res cogitans und res extensa, so daß der Mensch als den Naturgesetzen
zwar unterworfen beschrieben werden muß, aber die Ideen als Gegenstände
geistiger Operationen davon emanzipiert bestehen.
Auf dieser Grundlage ist der Geist des
Menschen eine endliche denkende Substanz, also res cogitans, welche
einhergeht mit der unendlichen ausgedehnten Existenz als Körper, res
extensa. Die unendliche Substanz, Gott, stellt bei Descartes darüber die
Verknüpfung von Mensch und Welt dar. Leibniz löst die Vorstellung von
endlicher Welt mit unendlicher Gotthaftigkeit dahingehend auf, daß "jede
Substanz wie eine Welt für sich ist, unabhängig von allen anderen
Dingen, außer von Gott".Während Descartes also Leib und Seele als zwei
Uhrwerke charakterisiert, die schwer aufeinander abzustimmen sein,
stellt Leibniz den Mensch als Einheitsphänomen in deduktiver
Abhängigkeit von Gott dar.
Spinoza partizipiert an beiden Vorstellungen.
Er weist Gott den Begriff der Substanz zu und legt dieser Substanz in
der Außenwelt die Beschreibung als res extensa bei, hingegen der Mensch
als Subjekt erschaffen von Gott res cogitans ist und Gott in der Welt
ausdrückt. Entscheidend für Spinoza wird über diese den Philosophen
seiner Zeit ähnliche Darstellung allerdings, daß in der Ausprägung von
res cogitans und res extensa gerade im Zusammenhang einer zeitlichen
Abfolge ein Telos vorgestellt sei. Allein aus der menschlichen und damit
auf seine Sichtweise beschränkten Beurteilung des Handlungsrahmens und
des Handelns Gottes entsteht die Vorstellung eines Zwecks oder Ziels,
dem die Affirmationen zu genügen hätten. Spinozas dies verneinende
Position entwirft ein Wirklichkeitsabbild, welches gegenüber
monotheistischen Vorstellungen eines personalen Gottes mit ständigem
Einfluß auf das Handeln des Menschen entgegensteht.
3. Abgrenzung des spinozistischen
Pantheismus
3.1 Vorwurf des
A-Theismus
Die methaphysischen Schriften Spinozas, die
"Ethik" und dessen Vorläufer, die "Kurze Abhandlung von Gott, dem
Menschen und dessen Glück", entwerfen eine Theorie über den Ursprung und
Charakter der erkennbaren Welt ihrer Existenz nach. Spinozas
Lebenswirklichkeit war dabei fundiert durch eine jüdisch oder christlich
bestimmte Weltsicht, die Gott einen personalen Charakter in einer
monotheistischen Religion zuwies. Die wesentliche Schrift der
jüdisch-christlichen Offenbarungsreligion, die Bibel mit Altem und Neuem
Testament, weist ebenso wie Spinoza Gott als unverursachten Ersten. Die
Bibel nennt darüberhinaus eine deduktive Schöpfungsfolge. So heißt es im
ersten Kapitel des Evangeliums des Johannes über Jesus, "Am Anfang,
bevor die Welt geschaffen wurde, war Er, der das Wort ist. Er war bei
Gott und in allem Gott gleich. ... Durch ihn wurde alles geschaffen;
nicht ist entstanden ohne ihn. In allem Geschaffenen war er das
Leben".
Spinoza hatte anzunehmendermaßen Kenntnis von
dieser Gottesvorstellung, in der Gott als Ursprung allen beseelten
Lebens anzusehen ist und ständigen Einfluß auf die Gestalt der
erkennbaren Wirklichkeit nimmt. In einer solchen kausalen Folge vom
göttlichen Ursprung alles Seienden und gleichzeitigem ständigen
Einwirken Gottes bemerkt Spinoza allerdings eine, von der Tradition der
Bibel wohl beabsichtigte, Ausweisung des Menschen als notwendig, was auf
rationellem Fundament der bereits erläuterten Möglichkeiten einer nicht
begründbaren Auswahl der existierenden Welt aus der aller möglichen
unhaltbar wird. Dieser Umkehrschluß Spinozas ebenso wie die zuvor
dargelete Theorie des Spinoza befinden sich zwar nicht auf dem Pfad der
kausalen Wirkmechanismen in Gott beginnend und fortlaufend
weiterentwickelnd, widersprechen aber nicht einem dem Menschen in ratio
und Emotionen überlegenen räumlich und zeitlich ausgedehnten
Gottesbild.
Gegenüber dem jüdischen Monotheismus steht
Spinoza mit einem von Gott auf einen bestimmten Freiraum beschränkten
Menschen und der klaren Ablehnung eines Zwecks der gesamten erschaffenen
Welt in einer diese Art von Deismus untergrabenden
Position.
Während nämlich die jüdische und auch die
christliche Relgion, meinem Wissensstand nach, auf Mystifikation und
emotionaler Bindung gründet, wählt Spinoza einen rationalen Weg der
Annäherung, welche dem Menschen einer andere Position
zuweist.
In weiterer Unterscheidung zum Monotheismus
der jüdisch-christlichen Tradition stellt Spinoza die erste Ursache der
Wirklichkeit der Welt als erkennbar dar, allerdings nur durch die
Entwicklung von adäquaten Ideen der Wirklichkeit, zu denen eben nicht
durch Glaube sondern durch die Ratio gelangt werden kann, welche als
besondere Art von Erkenntnis "von der adäquaten Idee des formalen Wesens
einiger Attribute Gottes fort zur adäquaten Erkenntnis des Wesens der
Dinge", als die Substanz dahinter, sich durch rationale Überlegungen
entwickeln kann. Somit wird der Verstand Weg des Erkennens Gottes, was
der religiösen Vorstellung jedes Anhängers der bedeutenden
monotheistischen Religionen das Fundament nimmt.
3.2 Spinozas Pantheismus als
Verknüpfung von Gott und Natur
Die im Abschnitt II. dieser Hausarbeit
dargestellten und erläuterten Grundlagen des spinozistischen Denkens
führen zu folgendem resümierenden Abschluß, in dem das Ziel verfolgt
wird, eine Zusammentragung der Ergebnisse zu liefern und eine Ausweisung
des spinozistischen Pantheismus zu liefern.
Spinoza beschreibt in seiner Theorie die
Wirklichkeit als eine Einheit des Göttlichen und der Natur, deren
Ursache in der als causa sui gedachten Substanz liegt. Um durch
Erkenntnis der Wirklichkeit und damit notwendig durch Erkenntnis der
Ursache zu einer intuitiven Einsicht und so zu adäquaten Ideen von der
Wirklichkeit zu gelangen, hat die Vernunft die Natur ihrem Wesen nach zu
untersuchen.
Dabei schließt Spinoza, daß sich die
Einzeldinge der Natur in einem göttlichen Handlungsrahmen individuell
entwickeln. So ist das Verhältnis von Gott und Natur davon bestimmt, daß
die existierende Welt als normative Setzung aus der Vielzahl der
möglichen Welten seinen Ursprung zwar in der Substanz nehme, aber nicht
jeder einzelne Ablauf innerhalb der logischen Gesetzmäßigkeiten der
Natur direkt von der Substanz beeinflußt wird. Vielmehr ist in die
Natur, und damit auch der Mensch, auf die Einsicht in zwei der
unendlichen Attribute der Substanz beschränkt und in den Möglichkeiten
des Handelns auf die indirekten Vorgaben der Substanz
angewiesen.
Der Zusammenhang zwischen Substanz und Natur,
bezogen auf den Abbildcharakter des einen im anderen, liegt nicht darin,
daß sich die Substanz aus den Einzeldingen der Natur im Sinne
atomisierter Teile eines Ganzen ergibt noch Körper und Geist eines
existierenden Individuums direkt hervorgebrachte Aspekte der Substanz
sind, was sich aus der dargestellten Definition Gottes und der
Bestimmung von Ding, Wesen und Idee ergibt. Die Substanz ist eher der
erste Grund, der für alle wahrnehmbaren und auch die nicht wahrnehmbaren
aber vorstellbaren Dinge und Ideen gelegt ist.
Dies erhellt auch nochmals, daß von Spinoza
die Substanz nicht als materielle Figur mit personalem Charakter
verstanden wird, sondern als zeitlich und räumlich unendlich vorgestellt
ist.
Die Feststellung ergänzend, daß Spinoza die
Substanz als nicht personal aufgeführt darstellt, schreibt Benett auf
die Frage nach einem personal vorgestellten Gott mit den von Spinoza
beschriebenen Charakteristika, daß "if God must be a person who
is infinite, eternal, et cetera, then Spinoza has no candidate to offer.
The most Godlike item he can find is Nature; but it does not completely
fit the traditional account of God, and, in particular, it is not ´a
man, or like a man´."
Ein Gott-ähnlicher Begriff für Spinoza ist
nach Bennett also die Natur. Wenn dieses Ergebnis mit den erläuterten
Ausführungen über den von der Substanz vorgegebenen Handlungsrahmen des
Menschen und aller anderen Körper, als individuelle Teile in einem
System, einerseits und der Darstellung jedes Dinges als Abbildung einer
von der Substanz ausgehenden Idee andererseits verknüpft wird, liegt es
nahe, das gesamte System der Natur als eine singuläre Konstruktion zu
verstehen. Spinoza nennt daher auch die Natur "ein Individuum (...),
dessen Teile, d.h. alle Körper, auf unendliche Weise verschieden sind
ohne jede Änderung des ganzen Individuums."
In der Beschreibung durch Spinoza gewinnt
eben durch die Bewegung der Körper und die Unterschiedlichkeit der
Ausprägung der Körper im System der Natur als System Gottes die Substanz
zum einen ihre unendliche Ausdehnung und zum anderen ihre erkennbare
Affirmation als Attribute, von denen sich der Mensch adäquate Ideen
durch intuitive Erkenntnis zu verschaffen vermag, was Spinoza für das
menschliche Glück als Ziel seiner Ethik vorgegeben hat.
Der Mensch, soweit ihn Spinoza als glücklich
nennt, aber erkennt nicht allein das Göttliche in der Natur, sondern
erlangt eben durch intuitive Erkenntnis eine Vorstellung von der Natur
durch Gott.
Diese letzte Erweiterung des Wissens um einen
Pantheismus in der Abbildung der Wirklichkeit durch die Ethik des
Spinoza sei nur wenigen vorbehalten, so Hessing, die "genau wissen, daß
Spinozas Lehre darüber [Anm.: über den Pantheismus wie o.g.] hinaus geht
und nicht Gott aus der Natur, sondern die Natur aus Gott begreift, daß
die Lehre Panentheismus ist, weil sie auch außer der Allbeseeltheit der
Dingwelt zu den unendlichen Auffassungsweisen des Unendlichen führt, zu
den unendlichen Attributen, von denen jedes ewige und unendliche
Wesenheit Gottes ausdrückt (...).", womit Hessing auf die zu Beginn
dieser Erarbeitung dargestellten spinozisitschen Vorstellung der
Substanz, der unendlich viele Attribute zukommen,
verweist.
Literaturauswahl:
Quellen:
Spinoza, Die Ethik, Übersetzung von Jakob
Stern, Stuttgart, 1990
Spinoza, Kurze Abhandlung von Gott, dem
Menschen und dessen Glück, Übersetzung von Carl Gebhard, Meiner,
Hamburg, 1991
Darstellungen:
Bennett, Jonathan, A Study of Spinoza´s
Ethics, University-Press, Cambridge, 1984
Hessing, Siegfried, Die Glückseligkeit des
freien Menschen,
in: Hessing, Siegfried (Hg.), Spinoza -
Dreihundert Jahre Ewigkeit, Nijhoff, Den Haag, 1962
Leibniz, Gottfried Wilhelm, Metaphysische
Abhandlung, Übersetzung von Herber Herring, Meiner, Hamburg,
1985